Ran an die Arbeit statt Ab aufs Altenteil

Veröffentlicht in der Tageszeitung "Darmstäder Echo" am 09.12.2006

„Ran an die Arbeit“ statt „Ab auf´s Altenteil“ Initiative „50plus“ soll die Beschäftigungschancen älterer Arbeitnehmer erhöhen

Am 29. November 2006 hat das Bundeskabinett die stufenweise Anhebung der Altersgrenze für die Regelaltersrente von bisher 65 Jahren auf das 67. Lebensjahr auf den Weg gebracht. Gleichzeitig wurden verschiedene Maßnahmen zur Verbesserung der Beschäftigungschancen älterer Arbeitnehmer angestoßen. Eine dieser Maßnahmen ist die so genannte Initiative „50plus“, die dazu beitragen soll, die Beschäftigungsfähigkeit und die Beschäftigungschancen älterer Menschen zu verbessern.

Die aktuellen Arbeitslosenzahlen zeigen, dass es in Deutschland ein grobes Missverhältnis zwischen der Arbeitlosen- und Erwerbstätigkeitenquote Älterer im Vergleich zu anderen Altersgruppen gibt. Vielfach finden ältere Arbeitnehmer nach einer Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses nur sehr schwer in das Arbeitsleben zurück. Dies ist häufig nicht zuletzt auch darin begründet, dass Arbeitgeber sich bei der Einstellung älterer Arbeitnehmer schwer tun, da diese bei später u.U. erforderlich werdenden betrieblichen Kündigungen bereits aufgrund ihres Lebensalters eine höhere Schutzwürdigkeit haben.

Zielsetzung der Initiative „50plus“

Mit der nunmehr beschlossenen Initiative „50plus“ hat sich die Bundesregierung das Ziel gesteckt, die Erwerbsbeteiligung älterer Arbeitnehmer zu erhöhen und eine bessere Wiedereingliederung von Arbeitslosen ab dem 50. Lebensjahr zu erreichen. Darüber hinaus soll die Teilnahme an beruflicher Weiterbildung forciert werden, um den steigenden Qualifikationsanforderungen des Arbeitsmarktes gerecht zu werden.

 Kombilohn für Ältere

Bezieher von Arbeitslosengeld I, die das 50. Lebensjahr vollendet haben, sollen möglichst schnell wieder in den Arbeitsmarkt integriert werden. Ältere Arbeitnehmer können bei einer Wiedereingliederung aber oftmals nicht das Gehalt erzielen, was sie zuvor verdient haben. Damit die frühzeitige Arbeitsaufnahme auch bei einem dann geringeren Gehalt für den Arbeitslosen interessant ist, sollen ältere Arbeitslose, die eine Beschäftigung mit einem niedrigeren Nettoentgelt als vor ihrer Arbeitslosigkeit aufnehmen, einen teilweisen Ausgleich für die Lohneinbußen erhalten. So soll die Differenz zwischen dem früheren und dem geringeren neuen Nettoentgelt für eine Zeitdauer von zwei Jahren und zwar im ersten Jahr zu 50 % und im zweiten Jahr zu 30 % ausgeglichen werden. Hinzu kommt, dass die Rentenversicherungsbeiträge aus der neuen Beschäftigung für die Dauer von zwei Jahren auf 90 % der früheren Beiträge aufgestockt werden.

Eingliederungszuschuss für Arbeitgeber bei Einstellung älterer Arbeitsloser

Um auch Arbeitgebern einen Anreiz zur Einstellung älterer Arbeitsloser zu geben, sollen Arbeitgeber einen neu gestalteten Eingliederungszuschuss zum Lohn erhalten. Der Eingliederungszuschuss wird künftig für mindestens ein Jahr und in Höhe von mindestens 30 % der Lohnkosten geleistet. Die Förderhöchstgrenzen liegen bei drei Jahren und 50 %. Da die neuen Förderkonditionen bezüglich Förderhöhe und Förderdauer künftig attraktiver gestaltet sind als bisher, wird allerdings von den Arbeitgebern eine Beschäftigungsdauer von mindestens einem Jahr erwartet. Kürzere Beschäftigungsverhältnisses sollen aber auch weiterhin nach den bisherigen Regelungen über den allgemeinen Eingliederungszuschuss bei Vorliegen von Vermittlungshemmnissen gefördert werden.

Förderung der beruflichen Weiterbildung

Außerdem ist in der Initiative „50plus“ eine Verbesserung der Rahmenbedingungen für die berufliche Weiterbildung vorgesehen. Zudem sollen auch Anreize für die Inanspruchnahme von Qualifizierungsmaßnahmen geschaffen werden. Zukünftig sollen Beschäftigte bereits ab dem 45. Lebensjahr und in Betrieben mit weniger als 250 Beschäftigten Förderleistungen erhalten können. Die bisherige Regelung sah dies erst ab dem 50. Lebensjahr und bei einer Beschäftigungsgröße von bis zu 100 Arbeitnehmern vor. Unter der Voraussetzung, dass der Arbeitgeber während einer Qualifizierung das Arbeitsentgelt des Arbeitnehmers weiterzahlt und durch die Weiterbildung Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt werden, die über die reine arbeitsplatzbezogene Fortbildung hinausgehen, können Arbeitnehmer einen so genannten Bildungsgutschein erhalten. Mit diesem Bildungsgutschein können sie dann unter zertifizierten, qualitativ hochwertigen Weiterbildungsangeboten wählen.

Befristungsregelungen ab dem 52. Lebensjahr

Zusätzlich zu den vorgenannten arbeitsmarktpolitischen Instrumenten sollen auch die arbeitsrechtlichen Möglichkeiten genutzt werden, um die Einstellung Älterer zu fördern. Das Teilzeit- und Befristungsgesetz enthält zwar bereits in der derzeitigen Fassung eine Vorschrift, wonach die Vereinbarung von befristeten Arbeitsverhältnissen mit Arbeitnehmern ab dem 52. Lebensjahr erleichtert werden. Allerdings ist diese Vorschrift aufgrund einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes vom 26. April 2006 für unwirksam befunden worden, da diese Vorschrift in der momentanen Fassung eine gegen europäisches Gemeinschaftsrecht verstoßende Diskriminierung wegen des Alters darstellt. Hier wird eine europarechtskonforme, rechtssichere Regelung vom Gesetzgeber geschaffen. Voraussetzung für eine künftige sachgrundlose Befristung mit einem älteren Arbeitnehmer soll dann sein, dass dieser vor der Einstellung mindestens vier Monate beschäftigungslos war, Transferkurzarbeitergeld bezogen hat oder an einer öffentlich geförderten Beschäftigungsmaßnahme teilgenommen hat. Die Höchstbefristungsdauer bei demselben Arbeitgeber wird fünf Jahre betragen.

 


Nicole Brauer
Fachanwältin für Arbeitsrecht
Kasinostraße 5, 64293 Darmstadt
Tel. 06151/30 766-0

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