6. Teil: Eingeschränkter Kündigungsschutz für leitende Angestellte

Veröffentlicht in: FRIZZ- Das Magazin für Darmstadt 6/2011

Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber
Teil 6: Eingeschränkter Kündigungsschutz für leitende Angestellte

In der Praxis ist häufig die Auffassung anzutreffen, dass leitende Angestellte keinen Kündigungsschutz genießen. Dies ist unzutreffend wie sich aus § 14 des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) ergibt. Allerdings unterscheidet sich die Stellung eines leitenden Angestellten in rechtlicher Hinsicht von anderen „normalen“ Arbeitsverhältnissen durchaus in einigen wesentlichen Punkten. 

Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes

Grundsätzlich kann die Kündigung eines leitenden Angestellten von diesem – wie von jedem anderen Mitarbeiter - im Rahmen einer Kündigungsschutzklage gerichtlich angegriffen werden. Mit wenigen Ausnahmen gelten bei der Prüfung der sozialen Rechtfertigung die gleichen Grundsätze wie bei den nichtleitenden Arbeitnehmern. Aufgrund seiner Nähe zur Unternehmensleitung nimmt der leitende Angestellte allerdings eine Sonderstellung in der Belegschaft ein, die z.B. auch mit einer deutlich höheren Treuepflicht gegenüber dem Arbeitgeber einhergeht. Rechtlich kommt dies u.a. darin zum Ausdruck, dass z.B. an das Vorliegen von verhaltensbedingten Kündigungsgründen geringere Anforderungen als bei „normalen“ Arbeitnehmern gestellt werden. Dem entsprechend können Sachverhalte, die bei nichtleitenden Arbeitnehmern allenfalls für eine Abmahnung ausreichen, bei leitenden Angestellten unter Umständen bereits eine Kündigung rechtfertigen.

Kündigungsschutzrechtliche Besonderheit – Auflösungsantrag gegen Abfindungszahlung

Bei dem leitenden Angestellten besteht zudem die Besonderheit, dass der Arbeitgeber auch dann, wenn die Klage gegen die Kündigung Erfolg hätte, ohne inhaltliche Begründung beantragen kann, dass das Arbeitsgericht das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung auflöst, § 14 Abs. 2 KSchG. Einen leitenden Angestellten wird der Arbeitgeber also immer – notfalls gegen Zahlung einer Abfindung – los.

Dies ist bei der Kündigung eines „normalen“ Arbeitnehmers anders. Der nichtleitende Arbeitnehmer kann mittels einer Kündigungsschutzklage seinen Verbleib im Betrieb erzwingen. Entscheidet das Arbeitsgericht nämlich, dass die Kündigung unwirksam ist, muss der Arbeitgeber den klagenden Arbeitnehmer weiterbeschäftigen und ggfs. die Gehaltsrückstände seit dem Ablauf der Kündigungsfrist nachzahlen - ob ihm das gefällt oder nicht. Dieses auf Arbeitgeberseite ganz erhebliche Risiko führt im Kündigungsschutzprozess häufig dazu, dass vom Arbeitnehmer nicht unerhebliche Abfindungszahlungen verhandelt werden können. Zwar können sich auch leitende Angestellte gegen eine Kündigung vor dem Arbeitsgericht wehren, allerdings mit der vorbeschriebenen Besonderheit, dass der Arbeitgeber bei einer unwirksamen Kündigung einen Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses - und zwar zum Ablauf der Kündigungsfrist - gegen Zahlung einer Abfindung stellen kann. Das Arbeitsgericht muss dann zwingend dem Auflösungsantrag des Arbeitgebers stattgeben, ohne dass sich der leitende Angestellte im Geringsten hiergegen wehren kann. Damit hat der leitende Angestellte beim Abfindungspoker oftmals schlechtere Karten als der „normale“ Arbeitnehmer.

Wer ist ein „leitender Angestellter“?

Nicht jeder, der eine hervorgehobene Position im Betrieb hat oder dessen Arbeitsvertrag den Hinweis auf eine leitende Position enthält, ist auch tatsächlich leitender Angestellter im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes. Ob ein Arbeitnehmer bei der Kündigung als leitender Angestellter anzusehen ist, richtet sich nach § 14 Kündigungsschutzgesetz. Hiernach ist leitender Angestellter, wer:

  • zur selbstständigen Einstellung und Entlassung von im Betrieb oder in der Betriebsabteilung beschäftigten Arbeitnehmern berechtigt ist
  • Generalvollmacht oder Prokura hat und die Prokura auch im Verhältnis zum Arbeitgeber nicht unbedeutend ist
  • regelmäßig sonstige Aufgaben wahrnimmt, die für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens oder eines Betriebs von Bedeutung sind und deren Erfüllung besondere Erfahrungen und Kenntnisse voraussetzt, wenn er dabei entweder die Entscheidung im Wesentlichen frei von Weisungen trifft oder sie maßgeblich beeinflusst.

Fazit:

Auch wenn es für den Arbeitnehmer ein Privileg darstellt, zum Kreis der leitenden Angestellten in seinem Unternehmen zu gehören, so sollte dennoch im Zusammenhang mit einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses genau überprüft werden, ob die gesetzlichen Voraussetzungen tatsächlich vorliegen. Sowohl für den betroffenen Arbeitnehmer als auch den Arbeitgeber kann die Fehleinschätzung ganz erhebliche finanzielle Auswirkungen haben.

Fortsetzung folgt (Juli-Ausgabe: Das Arbeitszeugnis- Lob ist nicht gleich Lob!)

 


Nicole Brauer
Fachanwältin für Arbeitsrecht
Kasinostraße 5, 64293 Darmstadt
Tel. 06151/30 766-0

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